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“Und was machst du so?” – Ein Ghostwriter stellt sich vor

Datum: 03.12.2015 Erschienen in: Business Punk Autor:

Diese Frage ist vielen schon so in Fleisch und Blut übergegangen, dass kaum ein Smalltalk ohne sie auskommt: “Und was machst du so?” Was aber, wenn die Antwort auf diese Floskel ebenso überraschend wie faszinierend ist? Dann seid ihr mit großer Wahrscheinlichkeit in unserer neuen Rubrik gelandet. Denn hier stellen sich Menschen vor, die Tätigkeiten nachgehen, deren Porträtierung nur selten Aufmerksamkeit gewidmet wird. Also, Ohren und Augen auf für den außergewöhnlichen Job, dem Marcel Kopper nachgeht: Ghostwriter

Abgabedatum versäumt, Thema uninteressant oder einfach keine Lust – an irgendeinem Punkt im Studium hat sich doch jeder, und wenn auch nur für einen kurzen Moment, gewünscht, die einzureichende Arbeit würde sich einfach von selbst schreiben. Ganz so magisch funktioniert das natürlich nicht. Aber es gibt durchaus Menschen, die einem diese Aufgabe abnehmen können: Ghostwriter. Obwohl diese Tätigkeit schon so alt ist wie das Texteverfassen selbst, hängt der Berufsbezeichnung immernoch ein zweifelhafter Ruf nach. Dabei ist das Ganze schon längst ein gängiges Geschäftsmodell geworden. Eine der Plattformen, die solche akademischen Dienstleistungen anbietet, ist GWriters. Marcel Kopper ist Mitbegründer, hat selbst Finance & Accounting studiert und auch in diesen Themen als Ghostwriter gearbeitet. Im Interview erzählt er, was ein Ghostwriter nun eigentlich macht, wie legal diese Tätigkeit ist und ob ihn nicht manchmal ein schlechtes Gewissen plagt.

Beschreiben Sie kurz Ihre Tätigkeit.

Ich leite die akademischen Ghostwriter-Agentur GWriters. Wir schreiben und korrigieren wissenschaftliche Texte für unsere Kunden.

Wann und wie sind Sie zu diesem Job gekommen?

Meine zwei Mitgründer und ich waren bereits während des eigenen Studiums als Ghostwriter tätig. Daraus entstand dann Anfang 2012 das Projekt GWriters. Zu dieser Zeit war ich Verkaufsleiter einer Supermarktkette. Meine Mitgründer schenkten mir zu meinem Geburtstag im Mai 2012 eine ausgedruckte Kündigung für meinen damaligen Arbeitgeber. So wurde aus dem “Nebenprojekt Ghostwriting” ein Vollzeitjob. Mittlerweile beschäftigen wir 20 feste Mitarbeiter und haben die Plattform in Deutschland, der Schweiz und Großbritannien etabliert. Allein in Deutschland arbeiten wir mit knapp 1200 akademischen Ghostwritern und Lektoren zusammen.

Schreibt jeder über jedes oder gibt es für jedes Thema Spezialisten?

Sicherzustellen, dass die richtigen Experten mit den passenden Projekten betraut werden, ist essentiell für die Qualität unserer Texte. Bei jedem einzelnen Auftrag wählen wir aus unserem System mit geprüften Akademikern mindestens zwei Ghostwriter, deren wissenschaftliche Erfahrungen exakt zu der Fragestellung des Kunden passen.

Wer sind Ihre Kunden?

Vom Großkonzern über Verlage, Lehrinstitute und Privatpersonen, betreuen wir eine bunt gemischte Kundengruppe. Den überwiegenden Teil unserer Kunden bilden jedoch Studenten. Machen wir uns nichts vor: Niemand rechnet vor Studienbeginn damit, dass er einen Ghostwriter um Hilfe bitten wird. Ob es nun Probleme im Privatleben, der Mangel an Kapazitäten, mangelhafte Betreuung im Studium oder die fehlende Erfahrung im Schreiben wissenschaftlicher Arbeiten ist – die meisten unserer studentischen Kunden wenden sich aus Verzweiflung an uns. Vor allem bei Anrufen von Eltern, die Ghostwriter für ihre Kinder suchen, können Gespräche sehr emotional werden.

Gab es besonders verzweifelte oder dreiste Fälle?

Manchmal erhalten wir Anfragen von Studenten, die einen Ghostwriter zum Schreiben ihrer Klausur finden möchten und sich dafür teils hollywoodreife Szenarien mit Camera-Brillen und Knöpfen im Ohr ausdenken. Solche Anfragen lehnen wir ab. Einmal wollte sich jemand sogar einen neuen Studentenausweis an seiner Universität beantragen und dabei das Passfoto eines Ghostwriters einreichen. Das fand ich persönlich sehr dreist. Diesen Auftrag haben wir natürlich nicht angenommen.

Die drei wichtigsten Skills für diesen Job?

Ein akademischer Ghostwriter muss natürlich in der Lage sein hochwertige wissenschaftliche Texte schreiben zu können. Für die Recherche und Schreibarbeit ist außerdem wissenschaftliche Akkuratesse gefragt und wir müssen uns darauf verlassen können, dass ein Ghostwriter seine Arbeit in vereinbarter Qualität, mit vereinbartem Inhalt und zum vereinbarten Zeitpunkt liefert.

Verdienstmöglichkeiten?

Bei Ghostwritern hängt der Verdienst von ihrem Engagement ab. Natürlich wird jemand, der eine wissenschaftliche Arbeit in Form einer Dissertation erarbeitet und für diese forscht, mehr verdienen als jemand, der ein kurzes Essay für Erstsemestler schreibt. Unsere Ghostwriter können sich ihr Arbeitspensum und den Verdienst selbst einteilen, weil sie entscheiden, ob sie einen durch uns angebotenen Auftrag annehmen möchten oder nicht.

Wie reagieren Mitmenschen auf Ihren Beruf?

Merkwürdigerweise verbinden die meisten Mitmenschen das Phänomen “akademisches Ghostwriting” mit Karl-Theodor zu Guttenberg und anderen bekannten Plagiatsfällen. Man kann allerdings nicht oft genug darauf hinweisen, dass es sich bei den Fällen Guttenberg oder Schavan um die Aufdeckung umfangreicher Plagiierung, also die Verletzung fremden geistigen Eigentums, handelte und nicht um die Erstellung dieser Doktorarbeiten durch Dritte.

Stellt Ihre Arbeit Sie vor ein moralisches Problem?

Nein. Ghostwriting existiert schon seit der Erfindung der Schrift, ist legal und für mich moralisch akzeptabel. Gleiches gilt für das LektoratKorrektorat und die Erstellung jeglicher Art von Texten.

Schon mal wegen Ihrer Arbeit Probleme mit dem Gesetz gehabt?

Entgegen aller im Internet oft kolportierter Meinungen sind sowohl das Angebot als auch die Inanspruchnahme der akademischen Texterstellung strafrechtlich irrelevant. Entscheidend ist die Frage nach der Einreichung einer prüfungsrelevanten Arbeit. Sollte ein Student tatsächlich einen nicht selbst erstellten Text als seine eigenhändig erstellte Arbeit einreichen und darüber eine eidesstattliche Erklärung unterzeichnen, liegt eine sogenannte “schriftliche Lüge” vor. Auch diese ist an sich nicht strafbar, kann jedoch, nach dem Hochschulgesetz, zu Folgen wie dem disziplinarischen Verfahren oder einem Ausschluss vom Studium führen. Deshalb weisen wir unsere Kunden ausdrücklich darauf hin, sich an die jeweiligen Prüfungsordnungen der Hochschulen und das Hochschulgesetz zu halten und die von uns geschriebenen Texte als Manuskripte bzw. Lösungsvorschläge anzusehen. Die Kontrolle der Einhaltungen der hochschulspezifischen Regelungen und Gesetze gehört nicht zu unseren Aufgaben, sehr wohl jedoch die Lieferung von hochwertigen und plagiatsfreien Arbeiten.

Eindrucksvollster / seltsamster / intensivster Moment?

Im November 2012 hat sich jemand eine Masterarbeit schreiben lassen und sie dann seinem Ehepartner zu Weihnachten geschenkt. Das fand ich sehr ungewöhnlich. Mittlerweile gibt es jedoch viele Kunden, die zu Feiertagen, Geburtstagen oder anderen Jubiläen bereits erstellte wissenschaftliche Arbeiten oder Gutscheine für Lektorate verschenken.

Gibt es eine Garantie, nicht “aufzufliegen”? Ist das schon vorgekommen?

Nach Erhalt des Honorares treten GWriters und der jeweilige Autor jegliche Nutzungsrechte am Text ab. In unseren AGB ist geschrieben, dass die von uns erstellten Texte nur als Mustervorlage anzusehen sind und nicht als eigene Prüfungsleistung ausgegeben werden dürfen. Es liegt jedoch nicht in unserer Macht die Einhaltung dieser Regeln zu überprüfen. Daher können wir nicht sagen ob ein “Auffliegen” schon einmal vorgekommen ist. Wir halten es jedoch für unwahrscheinlich akademisches Ghostwriting in einer wissenschaftlichen Arbeit nachweisen zu können, da es sich um gut recherchierte und wissenschaftlich korrekt erstellte Arbeiten handelt.

Wie sieht es mit unzufriedenen Kunden aus? Hat sich jemand beispielsweise schonmal eine bessere Note erhofft?

Die Erstellung von Arbeiten läuft in mehreren Stufen ab. Der Kunde erhält mehrere Teillieferungen, zu denen er sein Feedback abgeben kann. Dieses Feedback wird kostenfrei eingearbeitet und zum Schluss wird jede Arbeit durch einen zweiten Ghostwriter lektoriert, verfeinert und auf Plagiate geprüft. Der Kunde steuert den Schreibprozess aktiv mit und kauft nicht “die Katze im Sack”, sondern höchstwahrscheinlich ein Produkt, welches seinen Vorstellungen entspricht. 40% unserer Neukunden gelangen über Empfehlungen zu uns, daher sind wir uns sicher, dass dies die richtige Art der Zusammenarbeit für uns ist. Notengarantien können wir nicht vergeben, da unsere Arbeiten nicht als Prüfungsleistungen sondern lediglich als Mustervorlagen verwendet werden dürfen. Jedoch garantieren wir, dass jeder Text durch einen akademischen Experten aus dem zutreffenden Fachbereich individuell nach den Vorstellungen des Kunden verfasst wird.

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