Selbstbewusst Hypothesen aufstellen

Selbstbewusst Hypothesen aufstellen: Was zu tun ist, wenn sie nicht stimmen

Anna Milena von Gersdorff

(Head of Marketing)

18.09.2018

Anna Milena von Gersdorff leitet als Online-Marketing Expertin den GWriters Blog sowie alle Veröffentlichungen, Änderungen und Sonderaktionen auf unserer Webseite. Darüber hinaus ist Sie für gesamte Öffentlichkeitsarbeit und die Kommunikation mit unseren Medienpartnern zuständig.

Das Horrorszenario eines jeden Wissenschaftstreibenden ist es, Hypothesen aufstellen zu wollen, aber im Verlauf der Forschungsarbeit realisieren zu müssen, dass diese nicht von den gewonnenen Erkenntnissen unterstützt werden. Aber was, wenn das bei einer Studienarbeit passiert, deren Leistung mit in eine wichtige Note einfließt? Als Ghostwriter wissen wir genau, wie mit so etwas umzugehen ist, und die gute Nachricht ist: Keine Panik, das ist alles halb so wild.

Hypothesen aufstellen anders betrachtet

Zu Beginn einer wissenschaftlichen Arbeit steht meist eine Menge Eifer. Man hat während des Studiums gewisse Vorstellungen entwickelt und aus denen eigene Schlussfolgerungen gezogen. Diese Ideen möchten nun überzeugend dargelegt werden und einen Beitrag zur Wissenschaft liefern – warum sonst sollte man eine empirische Arbeit schreiben? Die Wahrheit über Studienarbeiten an der Uni ist aber: sie dienen zur Leistungskontrolle. Und die Leistung, die abgefragt wird, ist nicht etwa die Qualität der eigenen wissenschaftlichen Einsichten, sondern die Fähigkeit des wissenschaftlichen Arbeitens. Wenn man es sich genau überlegt, ist das auch irgendwie fair. Nicht immer liegen gute Ideen auf der Straße. Wer aber wissenschaftlich korrekt arbeiten kann, ist immer nützlich – nicht nur an der Uni, sondern überall.

Das Ziel jeder Arbeit: eine Problemstellung erfassen

Warum ist die Fähigkeit, wissenschaftlich zu arbeiten, so wichtig und gefragt? Weil es darum geht, ein Problem zu erkennen, zu formulieren und sich diesem auf effektive, nachvollziehbare und sachliche Weise zu stellen. Hypothesen aufstellen ist lediglich die wissenschaftlich korrekte Weise, die eigenen Vermutungen transparent zu machen. Die Forschungsfrage dient lediglich dazu, die eigenen Gedanken an einem einzigen Sinn und Zweck zu orientieren.

Und hier liegt auch der Schlüssel zur Hypothesenbildung: Es geht nicht darum, dass sie richtig ist, sondern dass sie nachvollziehbar ist.

Dies geschieht durch die Begründung anhand der relevanten Fachliteratur. Sollte die eigene empirische Forschung die Hypothese nicht bestärken können, ist das überhaupt kein Problem. Dass etwas nicht so gedacht werden kann, ist genauso ein wichtiges Ergebnis für den wissenschaftlichen Fortschritt wie eine positive Erkenntnis. Deshalb steht in vielen Handreichung und Vorschriften zu Erstellung von Arbeiten auch explizit: Ob sich eine Hypothese bewährt oder scheitert, ist vorerst kein Kriterium für die Güte einer wissenschaftlichen Arbeit!

Forschungsfrage revisited: ändern, ergänzen, neu ausrichten

Ein einfaches Beispiel:

Nehmen wir folgende Forschungsfrage: Beeinflusst das Aufkommen von Netflix auch das Fernsehverhalten der Nutzer?
Dann könnte die Hypothese gewesen sein: Unter den Fernsehzuschauern, die Netflix nutzen, hat die Nachfrage nach hochqualitativen Serien zugenommen.
Die Begründung wäre, dass die Nutzer sich an die hochqualitativen Serien von Netflix gewöhnt haben, und diese nun auch bei ihrem Fernsehverhalten suchen.
Doch leider hat die empirische Überprüfung, ob jetzt mit statistischer Umfrage oder mit qualitativ ausgewerteten Interviews, diese Hypothese nicht bestätigt. Vielmehr scheint es, als würden die Netflix-Zuschauer immer weniger Serien im Fernsehen sehen.
Hiermit ist die aufgestellte Hypothese fehlgeschlagen.

Aber ist damit auch der Sinn der empirischen Arbeit verloren? Nein! Denn nun können Sie einfach zurück zur Forschungsfrage gehen, und diskutieren, inwiefern diese negative Erkenntnis diese beeinflusst. Wahrscheinlich haben die Testpersonen weniger Fernsehen geschaut, weil sie an den von Netflix dargebotenen Luxus der zeitlichen Unabhängigkeit gewohnt waren. Vielleicht kommt es so zu einer natürlichen Neuausrichtung der Forschungsfrage: Verändert die Nutzerfreundlichkeit von Netflix das Verhalten von Fernsehzuschauern? Im Fazit kann dies dann als Ausblick auf weiterführende Forschung vorgeschlagen werden.

Hypothese und These: Definition leicht gemacht

Hypothese und These

Forschungsfrage formulieren, Thesen definieren, Hypothesen aufstellen: ist auch für Sie manchmal verwirrend, was in einer wissenschaftlichen Arbeit gefordert wird? Dann hilft folgender Gedanke: Die Forschungsfrage ist immer eine Frage, und meistens nach einem Warum oder Wie, manchmal auch nach einem Ob (beispielsweise ob die Sammlungsbewegung Sarah Wagenknechts noch zu dem Vorgehen einer Partei aus der linken Parteienfamilie passt).

Hypothesen und Thesen sind immer Sätze, also aufgestellte, begründete Mutmaßungen über einen Zusammenhang von Faktoren. Hypothesen sind konkrete Vermutungen, und wenn sie falsifiziert wurden, ist das nicht weiter tragisch. Thesen allerdings sind Behauptungen und sollten mit Vorsicht ausgesprochen werden. Beispielsweise mündet die oben beschriebene Beispielarbeit nicht in der These „Netflix-Zuschauer neigen dazu, mehr Serien im Fernsehen zu schauen“, sondern sie mündet in der These „Die Usability von Netflix hat einen starken Einfluss auf Fernsehzuschauer“.

Das Ergebnis der empirischen Arbeit, also die gescheiterte Hypothese, hat zu einer neuen These beigetragen, die das Forschungstreiben weiter bringen kann! Wer so vorgeht, zeigt, dass er nicht im Angesicht einer negativen Datenlage an vorgefassten Ideen festhält, sondern kritisch reflektieren kann und im Dienste objektiven Erkenntnisgewinns steht. Und dies sind genau die Fähigkeiten, die gezeigt werden sollen! Werfen Sie nicht das Handtuch: wenn Sie Hilfe brauchen, ihre Arbeit neu zu betrachten oder eine neue Ordnung hineinzubringen, stehen wir Ihnen gerne zur Seite!