sekundäranalysen

Was ist eine Sekundäranalyse? Ein Beispiel erklärt den Prozess 🔄

Anna Milena von Gersdorff

(Head of Marketing)

26.04.2023

Anna Milena von Gersdorff leitet als Online-Marketing Expertin den GWriters Blog sowie alle Veröffentlichungen, Änderungen und Sonderaktionen auf unserer Webseite. Darüber hinaus ist Sie für gesamte Öffentlichkeitsarbeit und die Kommunikation mit unseren Medienpartnern zuständig.

Eine Sekundäranalyse ist im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit bzw. für Forschungsprojekte wichtig, um den aktuellen Status-quo in der Forschung zu erheben. Dabei werden im Rahmen einer Sekundäranalyse bereits erhobene quantitative und qualitative Daten einer erneuten Verwendung zugeführt. Zielsetzung ist es damit, entweder

Primärdaten erneut zu analysieren oder

• die bereits analysierten Daten in einem Kontext zu stellen.

Was bedeutet eine Sekundäranalyse in einer Bachelorarbeit oder Masterarbeit?

Im Rahmen einer Bachelor- oder Masterarbeit ist eine Sekundäranalyse im Gegensatz zu einer Primäranalyse von hoher Bedeutung, weil hierdurch Daten eine noch breitere Verwendung erfahren können, als dies bisher geschehen ist. So können bisherige Forschungen angereichert, aber auch die eigene Analyse kann eine Aufwertung erfahren.

Welche Bedeutung hat eine Sekundäranalyse in der Forschung?

In der Forschung bzw. bei der Anwendung im Rahmen von Forschungsprojekten hat die Sekundäranalyse eine hohe Bedeutung, weil hiermitRohdaten einen neuen Forschungsschwerpunkt erhalten (Supraanalyse), neue Fragestellungen analysiert werden (ergänzende Analyse) oder Daten erneut analysiert werden, um die bisherigen Forschungsergebnisse zu validieren oder zu widerlegen (Reanalyse).

Im Rahmen dieses Blogs wollen wir Ihnen im Detail zeigen, welche Unterschiede zwischen Sekundäranalyse und Primäranalyse existieren, welche Anwendungsgebiete es gibt und wie Sie konkret eine Sekundäranalyse durchführen können. Sie benötigen hierbei weiterführende Unterstützung? Unsere Ghostwriter helfen bei der Vorbereitung und Durchführung von Sekundäranalysen. Sie haben die notwendige Expertise, um Sie bei der Durchführung einer Sekundäranalyse zu unterstützen. Sie können sich eine Nutzwertanalyse für IhreBachelorarbeit erstellen lassen.

Was ist eine Sekundäranalyse?

In der wissenschaftlichen Forschung wird eine Sekundäranalyse nicht als eigenständige Methodik verstanden. Vielmehr wird unter einer Sekundäranalyse eine „andere“ („neue“) Art des Datenzugangs und der Materialauswahl verstanden. Datenerhebung und Datenauswertung erfahren dabei im Rahmen der Wiederverwendung von Daten eine Entkoppelung.

Welche Quellen können für eine Sekundäranalyse genutzt werden?

Ein bekanntes Beispiel für eine Sekundäranalyse ist die Studie von Elder (1974) mit dem Titel „Children of Great Depression – Social Change in Life Experience“. Hier werden die Daten aus der bekannten „Oakland Growth Study“ genutzt, um mit ergänzten Daten u.a. aus Interviews die Folgen der Weltwirtschaftskrise näher zu analysieren und diese in den Kontext zur adoleszenten Entwicklung zu stellen. Die Fragestellung, mit der das Material neu analysiert wird, erfolgt dabei erst nach Auswahl der Quellen, die aus Zeitreihen, Interviewdaten oder Beobachtungsdaten bestehen können.

Weitere Beispiele für (ausgewählte) Datenquellen, die einer Sekundäranalyse unterzogen werden können, sind

·       das European Social Survey (ESS),

·       die Allgemeine Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften (ALLBUS),

·       das Eurobarometer,

·       das World Values Survey,

·       das Sozio-Ökonomische Panel (SOEP) und

·       Daten aus der Datenbank des GESIS Leibniz-Instituts für Sozialwissenschaften.

Weitere Datensätze, die im Rahmen einer Sekundäranalyse Verwendung finden können, finden sich bei den Vereinten Nationen, bei der OECD und sind über den Democray-Cross-National-Datensatz verfügbar.

Weitere Informationen zu Datensätzen finden Sie hier.

Ist Sekundäranalyse und Sekundärforschung das Gleiche oder gibt es Unterschiede?

Beide Begriffe werden in der Regel in der wissenschaftlichen Forschung synonym verwendet, wenn sie bei näherer und genauerer Betrachtung doch unterschiedlich zu interpretieren sind. Während bei der Sekundärforschung die Datensuche und Datenzusammenstellung gemeint ist, ist die Sekundäranalyse als eigentliche Interpretation der Daten in Form einer erneuten Analyse zu verstehen.

Sekundäranalyse vs. Primäranalyse

Wenn es sich um ein innovatives Projekt oder ein neues Forschungsgebiet handelt, stehen oft noch keine validen Datensätze zur Verfügung. Dann gilt es, Primärforschung zu betreiben, um die theoretischen Erkenntnisse einer empirischen Validierung zu unterziehen. Auch kann es der Fall sein, dass zwar Daten vorliegen, deren Operationalisierung aber nicht zu befriedigenden Ergebnissen führt. Auch ungleiche Datensätze können der Grund dafür sein, dass eine Primäranalyse einer Sekundäranalyse vorgezogen wird. Einen Sekundäranalyse wird dann notwendig sein, wenn die Forschung alleine anhand der verfügbaren Primärdaten nicht vollzogen werden kann bzw. es keine Primärdaten gibt oder deren Erhebung zu aufwändig ist.

Primäranalyse

Sekundäranalyse

neues Forschungsgebiet

Bekanntes Forschungsgebiet

Operationalisierung führt nicht zu befriedigen Ergebnissen

Forschung reicht aus, auf „Altdaten“ zurückzugreifen

ungleiche Datensätze

Datensätze sind umfänglich und standardisiert verfügbar

Primäranalyse: Beispiel

Angenommen Sie wollen die Auswirkung einer Nachhaltigkeitsorientierung von Unternehmen auf die Unternehmensperformance untersuchen. Hierzu liegen zwar vergangene Daten aus Metanalysen oder Literature Reviews vor, allerdings werden diese aufgrund der Aktualität des Themas aktuelle Entwicklungen z.B. in der Rechtsprechung nicht abbilden können. Hierzu wäre dann eine Primäranalyse notwendig. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn aufgrund der vorhandenen empirischen Daten, die Fragestellungen nicht beantwortet werden kann. Im Falle der Rechtsprechung kann dies also sein, wenn ein neuer Sachverhalt existiert, der bisher noch nicht oder nicht umfassend beurteilt wurde.

Was bedeutet quantitative und qualitative Sekundärforschung?

Nach Heaton können drei grundsätzliche Arten der Sekundäranalyse unterschieden werden:

Die Supraanalyse (auch als transzendierende Analyse bezeichnet) („Supra Analysis"). Hierbei erfolgt eine Analyse über alle Themenstellungen hinweg aber unter einer neuen bzw. veränderten Forschungsperspektive.

Die ergänzende Analyse („Supplmentary Analysis“). Hier wird die neue Forschung mit Daten der alten Forschung ergänzt.

Die Reanalyse („Re-Analysis“). Hier werden die bisherigen Analysen nochmals durchgeführt, um sie in einem neuen Kontext zu evaluieren

In all diesen Ausprägungen kann entweder eine quantitative oder eine qualitative Sekundärforschung vollzogen werden.Bei einer quantitativen Sekundäranalyse wird auf quantitative Datensätze zurückgegriffen, bei einer qualitativen Sekundäranalyse auf qualitative Datensätze.

In welchen Fachgebieten wird eine Sekundäranalyse angewendet?

Die Sekundäranalyse finden in zahlreichen Forschungsgebieten ihre Anwendung. Aber auch in der unternehmerischen Praxis können Anwendungsfelder erkannt werden. Hier können z.B. Anwendungen in der Marktforschung oder der Marktanalyse erwähnt werden. Für die Forschung finden sich Anwendungen insbesondere in den Sozialwissenschaften bzw. der Sozialforschung, in der Medizin , in der Psychologie und in der sozialen Arbeit.

Anwendung in den einzelnen Fachgebieten

In den Sozialwissenschaften bzw. in der Sozialforschung findet eine Sekundäranalyse statt, um z.B. Bevölkerungsentwicklungen oder gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit zu analysieren. Die Medizin bedient sich der Sekundäranalyse z.B. um Wirkungen von Krankheiten auf Basis bestehender Studien in einem neuen Kontext zu analysieren – ein Beispiel finden Sie hier – und die Psychologie wendet Sekundäranalyse an, um z.B. Wirkungen von Schulentwicklungsprogrammen zu analysieren oder Meta-Analysen zu erstellen. Eine umfangreiche Darstellung der Anwendungsformen findet sich hier und im „Handbuch Qualitative Forschung in der Psychologie“. Die soziale Arbeit wird sich Sekundäranalysen insbesondere bedienen, um z.B. soziale Ungleichgewichte bei Arbeitsverhältnissen oder Wirkungen im Kontext der Schulsozialarbeit zu analysieren.

Welche Abschlussthemen gibt es dazu?

Abschlussthemen, die eine Sekundäranalyse beinhalten, haben immer einen Zusammenhang mit Daten oder Datenerhebung. Eine gute Übersicht über mögliche Abschlussarbeiten für eine Masterarbeit, die im Zusammenhang mit einer Sekundäranalyse realisiert werden können finden Sie hier.

Beispiele für Bachelorarbeitsthemen wären:

Fachgebiet

Thema

Soziale Arbeit

Vereinbarkeit von Beruf und Familie – Eine Querschnittsstudie langfristiger Verschiebungen von Arbeits- und Freizeiten

Medizin

Krankheitserleben bei Diabetes Mellitus Typ I – Eine Längsschnittstudie

Psychologie

Einfluss des Gesundheitssystems auf psychische Erkrankungen im Erwachsenenalter – Eine Analyse der Veränderungen im Ländervergleich

Ein Beispiel für eine Sekundäranalyse: Wie wird eine Sekundäranalyse in einer Bachelorarbeit durchgeführt?

Die Durchführung einer Sekundäranalyse ist eine effektive Methode, um bereits existierende Daten für die Beantwortung von Forschungsfragen zu nutzen. Insbesondere für Bachelorarbeiten kann eine Sekundäranalyse eine zeitsparende und kosteneffektive Möglichkeit sein, um empirische Daten zu erheben und zu analysieren. In diesem Beispiel erfahren Sie in 9 Schritten wie eine Sekundäranalyse in einer Bachelorarbeit durchgeführt wird.

1.Schritt: Formulierung der Forschungsfrage im Rahmen der Forschungsstrategie

Welche Auswirkungen hat eine Diabetes Mellitus Typ I-Erkrankung auf die Lebenserwartung von Patienten?

2.Schritt: Erstellung des theoretischen Konzepts

Erhebung des Zusammenhangs zwischen Lebenserwartung und Erkrankung auf Grundlage aktueller Studien, Operationalisierung des Begriffs „Lebenserwartung“ mit Hilfe von Versicherungsdaten.

3.Schritt: Ableitung der Hypothesen

Je früher die Diabetes Mellitus Typ I-Erkrankung erkannt wird, desto höher ist die Lebenserwartung.

4.Schritt: Entwicklung der Konstrukte und Operationalisierung der Hypothesen

Untersuchung der kardiovaskulären Sicherheit des DPP-4-Inhibitors Algoliptin gegenüber Placebo.

5.Schritt: Recherche der Datensätze

Recherche in den einschlägigen Datenbanken, welcher Datensatz verfügbar ist: Sekundäranalyse der Daten aus der EXAMINE-Studie.

6.Schritt: Prüfung, ob die Grundgesamtheit mit dem Aussagebereich übereinstimmt

Untersuchung, ob Menschen mit Typ-II-Diabetes und Herzerkrankung, die schon einmal ein kardiovaskuläres Ereignis erlitten haben, ein erhöhtes Risiko für einen kardiovaskulären Tod zeigen passt zur ursprünglichen Untersuchung, die die kardiovaskuläre Sicherheit des DPP-4-Inhibitors Algoliptin gegenüber Placebo untersuchten.

7.Schritt: Analyse der Daten

Datenanalyse z.B. mit Hilfe des Programms SPSS oder des Programms R.

8.Schritt: Interpretation der Daten

Interpretation der Daten: nach der ursprünglichen Studie starben 326 Patienten, nach der Sekundäranalyse zeigten 20,1 Prozent der Diabetiker, die wegen einer Herzinsuffizienz in das Krankenhaus kamen

9.Schritt: Beantwortung der Forschungsfrage

Es kann bestätigt werden, dass je früher die Diabetes Mellitus Typ I-Erkrankung erkannt wird, desto höher die Lebenserwartung ist.

Daten dargestellt in Anlehnung an 76th Scientific Sessions der ADA, 10.-14.06.2016, New Orleans

sekundäranalyse beispiel

Welche Vor- und Nachteile hat eine Sekundärforschung im Vergleich zu einer Primärforschung?

Vorteile einer Primäranalyse & Nachteile einer Sekundäranalyse

Vorteile einer Sekundäranalyse & Nachteile einer Primäranalyse

Untersuchung von innovativen Themenstellungen möglich

kein eigener Zeitaufwand für die Datenerhebung (sog. forschungsökonomische Effizienz verbessern)

Untersuchung von speziellen Stichproben möglich

Datensätze sind im Regelfall kostenlos oder kostengünstig zu erhalten

Konstrukte können nach eigenen Vorstellungen gebildet und operationalisiert werden

Repräsentativität der Daten und Validität dieser ist im Regelfall gegeben

Sicherstellung der Aktualität von Daten

Zugang zu sonst nur schwer bzw. gar nicht zu erhaltenden Daten

Dekontextualisierung, d.h. Loslösung der Datenerhebung vom eigenen/weiteren Forschungsprozess

 

Was gilt zusammenfassend?

  • Sekundäranalysen sind einfache und effiziente Mittel, um Aussagen qualitativ oder quantitativ belegen zu können.

  • Über „fertige“ Datenerhebungen können Informationen schnell generiert und ausgewertet werden.

  • Es ist zu prüfen, ob für den Forschungskontext allein Sekundärdaten ausreichend sind, oder ob nicht zumindest eine Anreicherung mit Primärdaten erfolgen muss.

  • Je innovativer und unbekannter ein Thema ist, desto weniger sind Sekundäranalysen geeignet.

Weiterführende Quellen für Sekundäranalyse:

Baur, N., Blasius, J. (Hrsg.) (2014). Handbuch Methoden der empirischen Sozialforschung. Wiesbaden: Springer VS.

Porst, R. (2014). Sekundäranalyse und Zugang zu sozialwissenschaftlichen Daten. GWP – Gesellschaft. Wirtschaft. Politik, 63(4), S. 553-562.

Tausendpfund, M. (2018). Quantitative Methoden in der Politikwissenschaft – Eine Einführung. Wiesbaden: Springer VS.

 

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